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Im vielschichtigen Oeuvre des gebürtigen Österreichers Thierry Feuz, der seine künstlerische Ausbildung in der Schweiz absolviert hat und heute in Genf lebt und arbeitet, ist die Farbe ein omnipräsentes Gestaltungsmittel, das seine auf den ersten Blick heterogenen Bildserien eint. In einer nahezu überbordenden Kreativität generiert Thierry Feuz einen Farbkosmos, der von großer koloristischer Sensibilität und einem sich fast explosionsartig artikulierenden Farbenrausch dominiert wird.

“Die Farbe hat mich. Ich brauche nicht nach ihr zu haschen. Sie hat mich für immer. Das ist der glücklichen Stunde Sinn: ich und die Farbe sind eins. Ich bin Maler.”[1] Dieses Zitat von Paul Klee, einem der wichtigsten Protagonisten der bildenden Kunst des 20. Jahrhunderts, könnte auch von dem 1968 in Wien geborenen Thierry Feuz stammen.

Mit seinen technisch brillanten, perfekt ausbalancierten Bildkompositionen macht es Thierry Feuz dem Betrachter nicht leicht. Virtuos und in unglaublicher Versatilität oszilliert Feuz zwischen einem wabenartig strukturierten Universum mit unendlichen Galaxien, hellen Sternen, Planeten, Monden, Kometen und Meteoriten, ferner lebensgroßen oder gezoomten Blumen, Blüten und anderen vegetabilen Elementen und schließlich Mikro- bzw. Nanokosmen mit Kleinstlebewesen. Daneben finden sich quasi als formaler Kontrapunkt Werkfolgen wie “Chromolux” oder “Technicolor”, die gänzlich abstrakt sind. Gemein ist allen Bildern ein universelles Sensorium für Ruhe und größtmögliche Klarheit.

Thierry Feuz schafft eine neue, komplementäre, aus seinem biomorphen Formenvokabular gespeiste künstliche Bildwelt, die durch streng lineare, bereits dreidimensionale Bildobjekte (Werke der “Technicolor”-Serie) oder an der Technik des Action Painting orientierte Arbeiten (“Chromolux”-Serie) ergänzt wird. Dabei überwindet der Künstler wie selbstverständlich die Grenzen zwischen Figuration und Abstraktion, nur der Mensch hat in seinem divergenten Bildkosmos keinen Platz.

Feuz´ elementares, organisches Bildvokabular scheint auf imaginäre Blumenwiesen, tropische Gärten und psychedelisch konnotierte kosmische Ordnungen zu rekurrieren: Reptiliengleich geschwungene Blütenstängel tragen elegant geformte und fein nuancierte Blütenkelche und -kronen von faszinierender, botanisch nicht näher deklarierter Schönheit. Wellenförmige Strukturen, Flecken, Tupfen und Spritzer komplettieren den künstlerischen Blick durch das Mikro- oder Teleskop, tangieren unsere schöpferische Phantasie und führen in Symbiose mit den vielfältigen vegetabilen Formen zurück zu den Ursprüngen des Lebens und des Universums gleichermaßen. „Es ist als würde man die Entstehung des Universums bereits vor dem Ursprung der Menschheit bezeugen […].”[2]

„Die organischen Bilder sind Nahaufnahmen“, erklärt Feuz, „als hätte man eine Landschaft betreten und die Einzelheiten eines fremden, nassen und gefährlichen Lebens wären sichtbar geworden”[3].

Die technischen Herausforderungen, denen sich der Maler in seinen Bildern stellt, meistert Thierry Feuz mit Bravour. Die Klaviatur der leisen künstlerischen Zwischentöne beherrscht er vollkommen. Thierry Feuz malt seine Bilder, während sie horizontal auf einem Tisch liegen. Mit flüssiger Acrylfarbe oder Lack gestaltet er einen bereits nassen Bildgrund. Alle Farben müssen aufgetragen sein, bevor der Künstler mit diversem Werkzeug – Pinseln, Spachteln, Haarkämmen, kleinen Stäben, Messern, Sprays oder Luftdüsen – die Komposition vor dem Trocknen der Farben mehr oder weniger ausführlich bearbeitet. In diesem Kontext muss Thierry Feuz sehr sorgfältig und präzis agieren, eine nachträgliche Korrektur ist bei seinen Bildern nicht möglich.

Inhaltlich beschäftigt sich Feuz mit so existentiellen Themen wie Schönheit und Tod, Werden oder Vergehen. Des Malers Fokus auf die grundlegenden Probleme des Menschseins filtert das Bedeutsame aus dem Banalen und bereitet eine solide Basis für buntfarbige Bilder von prononciertem Kolorit und immaterieller Leuchtkraft. Thierry Feuz fasst sein künstlerisches Credo in folgendem Zitat zusammen: „Kunst zu schaffen erlaubt es mir, einfühlsamer zu leben, aber es kostet mich auch sehr viel Energie.[4]

Andrea Schuster

[1] Paul Klee: Tagebücher 1898-1918. Hrsg. von Felix Klee. Köln 1957, S. 307

[2] Marino Buscaglia, in: Ausstellungskatalog “Thierry Feuz. Psychotropical. 2002-2003. Paintings”, Kashya Hildebrand Gallery, New York 2003, [o.S.]

[3] Nicole Rudick, in: Ausstellungskatalog “Thierry Feuz. Psychotropical. 2002-2003. Paintings”, Kashya Hildebrand Gallery, New York 2003, [o.S.]

[4] Oliver Orest Tschirky: “Eternal Journey to the Inner Truth”, in: Ausstellungskatalog “Thierry Feuz”, Galerie UNE, Auvernier 2010, S. 10-13, hier: S. 13