Liebespaar nach Rechts

Gustav Klimt

Wien 1862 - 1918 Wien

Liebespaar nach Rechts

Bleistift auf Papier

36,8 x 56 cm

Links unten Nachlassstempel: GUSTAV / KLIMT / NACHLASS

Strobl WV Nr. 2452

Provenienz:

Privatsammlung USA, Courtesy Serge Sabarsky Gallery,
New York

Ausstellungen:

Paris, Galerie Negru, Nr. 7, 1977
Wien, Galerie Würthle, Nr. 73, 1978

Literatur:

Alice Strobl, Gustav Klimt. Die Zeichnungen. Bd. III: Die Zeichnungen 1878-1918, Salzburg 1989, Abb. S. 81, WV Nr. 2452

In den letzten acht Jahren seines Lebens zog sich Gustav Klimt weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück und widmete sich in seinem Schaffen zunehmend erotischen Themen. In den Arbeiten, die zwischen 1912 und 1915 entstanden, spielen Akte und Halbakte – auch von Liebespaaren – eine wichtige Rolle. Klimt stellte sie vorwiegend auf dem Rücken liegend und mit ausgestreckten Beinen dar. In ihrer horizontalen Verankerung präsentieren sich Klimts Modelle – wie zum Beispiel in unserer Zeichnung "Liebespaar nach rechts" von 1914 – manchmal in extremen räumlichen Positionen. "Gleichzeitig blieb [Klimt] bis zum Schluss ein Regisseur der Stellungen, Gesten und Stimmungen seiner Modelle [...]."1 Die Ambivalenz zwischen passivem Liegen und suggerierter Bewegung, das Spannungsverhältnis zwischen äußerer Ruhe und innerer Bewegtheit korrespondiert mit der für Gustav Klimt typischen heftig-nervösen Strichführung der späten Jahre. Konturen von höchster Sensibilität sind symptomatisch für seine reich differenzierte Liniensprache, ein Liniengewühl, das sowohl prägnant charakterisierende wie räumlich definierende Funktionen erfüllt.
Die lineare Bewegtheit der geschwungenen Umrisslinien beschreibt eine weibliche Figur in tranceartig entrücktem Zustand, die gelöste Sinnlichkeit und erotische Ekstase gleichermaßen symbolisiert. Metaphysische Verträumtheit, sinnliche Ästhetik und eine im Vergleich zu zeitlich früher anzusetzenden Liebespaaren ausgeprägtere Leidenschaftlichkeit charakterisieren das "Liebespaar nach rechts". Diese überschwängliche, temperamentvolle Emphase konkretisiert sich unter anderem in den Schwingungen der Kleidung, durch die Klimt hier stärker als bisher Empfindungen zum Ausdruck brachte. Wertvolle Anregungen für die Darstellung von Liebespaaren erhielt Gustav Klimt in erster Linie von japanischen erotischen Holzschnitten. Aus unterschiedlichen Quellen wissen wir, dass Klimt eine Bibliothek besaß, die reich an Zeugnissen der japanischen Kultur war.
1 vgl. Marian Bisanz-Prakken, "Die späten Jahre 1910–1918", in: Ausstellungskatalog
"Gustav Klimt. Die Zeichnungen", Albertina, Wien 2012, S. 226–299, hier: S. 252