Akt von vorne, die Hände in die Hüften gestützt

Gustav Klimt

Wien 1862 - 1918 Wien

Akt von vorne, die Hände in die Hüften gestützt

Studie im Zusammenhang mit dem Widmungsblatt für Otto Wagners 70. Geburtstag

Bleistift auf Papier

57,1 x 37,5 cm

Rechts unten Stempel: GUSTAV / KLIMT / NACHLASS

Strobl WV Nr. 2023

Provenienz:

Privatsammlung USA, Courtesy Serge Sabarsky Gallery,
New York
Privatsammlung, Japan
110. Auktion Klipstein und Kornfeld, Bern 1963, Nr. 536 (Tafel 69)
Privatsammlung Hikonobu Ise, Japan

Literatur:

Alfred Werner, Gustav Klimt. One Hundred Drawings, New York, 1972, Abb. Nr. 87
The Ise Collection, Ise Lifedesgn House, Japan 1984, Abb. Nr. 12
Alice Strobl, Gustav Klimt. Die Zeichnungen. Bd. II: Die Zeichnungen 1904–1912, Salzburg 1989, Abb. S. 253, WV Nr. 2023

Der geniale Einzelgänger Gustav Klimt hinterließ ein qualitativ wie quantitativ exemplarisches grafisches Œuvre. Bereits zu Lebzeiten erfuhr die singuläre Meisterschaft des charismatischen Schöpfers vieler unvergleichlicher Akte große Bewunderung. Klimt interpretierte sensibel und unmittelbar ausgeführte Zeichnungen nach dem lebenden Modell synonym zu seiner gestalterischen Kreativität. Er betrachtete diese sowohl als Studien, die den künstlerischen Schaffensprozess transparent machen sollten, als auch als grafische Werke per se. Signifikante Konstanten seiner vorbildhaften Zeichenkunst waren das Primat der Linie und die souveräne Beherrschung der probaten technischen Mittel. Die lineare Ästhetik der durch eine schwebende Leichtigkeit charakterisierten Frauengestalten manifestiert sich in sinnlichen und immateriellen Darstellungen von "Figuren, die keine Individuen sind, sondern Allegorien der Ursituationen des menschlichen Lebens"1.
In unserer Zeichnung "Akt von vorne, die Hände in die Hüften gestützt" von 1911 verankerte Gustav Klimt eine aufrecht stehende weibliche Gestalt zentral in der Fläche. Die Körperrundungen der monumental in sich ruhenden, introvertiert wirkenden Frauenfigur sind subtil akzentuiert. Abwechselnd leicht und kräftig gezeichnete, rhythmisch beschwingte Konturen betonen dabei nicht nur die sinnlichen Körpermerkmale, sondern evozieren durch ihre Verdichtung auch eine räumliche Nuancierung – Volumen, Plastizität und sogar Lichtwerte. Die von Klimt stets intendierte ausgewogene Flächengliederung, die ausgeklügelte Balance zwischen Körper und Leerfläche, ist durch die Verwendung markanter leerer Felder kongenial realisiert. Der dreieckige Durchblick unter dem abgewinkelten linken Arm ist ein besonders anschauliches Beispiel dafür.
1 vgl. Marian Bisanz-Prakken, "Der Zeichner Gustav Klimt", in: Ausstellungskatalog
"Gustav Klimt. Die Zeichnungen", Albertina, Wien 2012, S. 10–19, hier: S. 11