"Im roten Abendlicht"

Arik Brauer

Wien 1929 - 2021 Wien

"Im roten Abendlicht"

Mischtechnik auf Papier

37,1 x 48,8 cm
35,5 × 47,5 cm (Bildausschnitt)

Links unten signiert: BRAUER
Rückseitig nummeriert und betitelt: 853 / IM ROTEN / ABENDLICHT

Literatur:

vgl. Arik Brauer, Historisches Museum der Stadt Wien, Wien 1998, Abb. S. 120

„Im roten Abendlicht“ nennt Arik Brauer das vorliegende eindrucksvolle Werk, bei dem auch hier eine Frau als Motiv das Zentrum des Bildes darstellt. Nackt wie Eva, mit einer
Blume im Schoß, sitzt diese Frau, in einem organisch wirkenden, ovalen Fenster mit Ausblick auf eine karge Landschaft, dahinter am Horizont die abnehmende Abendröte.
Es ist dieses satte, helle Feuerrot ihrer Haarpracht, das den Blick des Betrachters sofort auf sich zieht - derselbe Farbton, jedoch ungleich sanfter, der sich, ihr Haupt wie ein
Schein umgebend, am Firmament dahinter wiederfindet. Die weibliche Schönheit, Liebe, Fruchtbarkeit, aber auch Wärme, Energie und Leidenschaft symbolisierend sind auch
ihre Lippen, die große Blüte zwischen ihren Schenkeln sowie ihre Nägel in einer Nuance dunklerem Glutrot gehalten. Ein Bein angezogen, ein Bein im Winkel aufgestellt, sitzt
die Protagonistin mit aufgestütztem Arm, selbstbewusst leicht nach hinten gelehnt, und hält eine hellgelbe Blüte in der ausgestreckten rechten Hand, weitere Blumen liegen
vor ihr ausgebreitet. Sie wird komplett umschlossen von der an ein Astloch erinnernden, strahlenförmigen Struktur mit ellipsoider Öffnung, über deren Rand rechts ein lilafarbenes Kleidungstück hängt, welches auf ihre Nacktheit verweist. Im Hintergrund öffnet sich der Blick in die flache, mit noch kahlen Laubbäumen bewachsene Landschaft des
Vorfrühlings, in der zwischen den Erdtönen bereits das erste Grün sprießt und schon vereinzelte kleine Blumen zu sehen sind. Bemerkenswert ist der sich in der Dämmerung
verdunkelnde, bewölkte Abendhimmel, auf dem das warme Licht des Sonnenuntergangs einen wundervollen, kontrastreichen Farbverlauf zaubert. Typisch für Arik Brauer ist die Verwendung unterschiedlicher Techniken des Farbauftrages, vom Tupfen mit dem Schwamm, breiten Pinselstrichen bis zu feinen, zarten Linien mit einem dünnen Haarpinsel. Besonders Letztere bereichern das Bild durch ihre Detailhaftigkeit, mit der Brauer sein Werk lebhaft wie anmutig zu gestalten weiß.
Trotz der fast märchenhaften Darstellung schwingt, wie so oft in Arik Brauers Arbeiten, eine starke Symbolik mit. Zweifellos steht hier die Kraft der Frau als Lebensspenderin, als
wärmende Sonne im Mittelpunkt. Auch die überaus interessante Komposition, das Motiv des umhüllten Geborgenseins, spricht für die Fruchtbarkeit, die das Licht mit sich bringt
und die Blumen, die Boten des Frühlings, aus der dunklen Erde wachsen lässt. Seit jeher ist die Verbindung von Natur und Mensch eines der wichtigsten Themen im Schaffen von
Arik Brauer, welchem er sich mit diesem Bild ein weiteres Mal verschrieben hat.