Stehender männlicher Akt mit erhobenen Armen (Selbstbildnis)

Egon Schiele

Tulln 1890 - 1918 Wien

Stehender männlicher Akt mit erhobenen Armen (Selbstbildnis)

Rückseitig Bleistiftskizze „Baumstudie“ (Kallir WV Nr. 1202)

Bleistift auf Papier

47,6 x 31,8 cm

Rechts Mitte signiert und datiert: EGON/ SCHIELE/ 1911
Rechts unten von fremder Hand bezeichnet: No 92 A.1665

Kallir WV Nr. 957

Provenienz:

Galerie St. Etienne, New York
Bayard Storey
Sotheby‘s Parke-Bernet, New York
Estate of Serge Sabarsky, New York
Vally Sabarsky Trust, New York
Galerie St Etienne, New York, als Agent für oben Genannten
Privatsammlung Schweiz

Ausstellungen:

Galerie St. Etienne, New York 1965
Galerie Ilse Schweinsteiger, München 1976
Westdeutscher Kunstmarkt, Düsseldorf 1976
Galerie Würthle, Wien 1977
Galerie Welz, Salzburg 1977
Westdeutscher Kunstmarkt, Köln 1977
Seibu Museum of Art, Tokio 1979
Marlborough Fine Art, London 1979
Historisches Museum der Stadt Wien, Wien 1981
Neue Galerie der Stadt Linz/Wolfgang-Gurlitt-Museum, Linz 1982
Museum Villa Stuck, München 1982
Kestner-Gesellschaft, Hannover 1982
Salle Saint-Jean, Hôtel de Ville, Paris 1984
Pfalzgalerie, Kaiserslautern 1984
Stadtmuseum, Bozen 1984
Palazzo Reale, Turin 1985
Galerie Hauser & Wirth, Zürich 1994
National Gallery of Iceland, Reykjavik 1996

Literatur:

Serge Sabarsky, Egon Schiele. Disegni Erotici, Mailand 1981, Abb. Titelbild
Ausstellungskatalog „Egon Schiele. Zeichnungen und Aquarelle“,
Historisches Museum der Stadt Wien, Wien 1981, Abb. S. 52, Nr. 45
Jane Kallir, Egon Schiele: The Complete Works. Erweiterte Auflage, New York 1998, Abb. S. 456, WV Nr. 957, S. 487, WV Nr. 1202 (Baumstudie auf der Rückseite)

"Stehender männlicher Akt mit erhobenen Armen“ ist Teil einer Serie von Selbstportraits, die Schiele Ende 1911 und Anfang 1912 anfertigte (vgl. auch Kallir D. 956 und 1160-1163). Typisch für diese Zeit verwendete der Künstler einen sehr harten Bleistift für seine Reihe an Selbstportraits (mit Ausnahme von Kallir D. 1160, ausgeführt in Tusche). Es ist wahrscheinlich, dass sich Schiele in der Wahl seines Mediums von seinem Mentor Gustav Klimt beeinflussen ließ. Bei beiden Künstlern erzeugt der harte Bleistift eine feine, zarte Linie. Bei Schiele ist die Linie sogar noch zarter als in Arbeiten anderer Perioden. Als Gruppe betrachtet stellen diese Selbstportraits von 1911-1912 eine Reihe an verschiedenen Persönlichkeiten dar. Schiele experimentierte mit unterschiedlichen Personae – einerseits, um seine eigene Identität zu erforschen und andererseits, um die Wechselwirkung von äußerem Erscheinungsbild und innerem Gefühlszustand abzubilden.
Ende 1911 trat Schiele der Münchner Künstlergruppe „Sema“ bei, die ihn mit einer Lithographie zur Veröffentlichung in ihrem jährlichen Print-Portfolio beauftragte. Im Jänner 1912 legte er zwei Selbstportrait-Zeichnungen vor, von denen die eine abgewiesen (Kallir G. 2) und die andere in das Portfolio aufgenommen wurde (Kallir G. 1). All die oben erwähnten Selbstportrait-Zeichnungen aus 1911-1912 sind diesen Drucken zuzuordnen und jenes in Tusche (Kallir D. 1160) entstand vermutlich in Hinblick auf diese Lithographie. Diese Serie von Zeichnungen kann als Gesamtes jedoch nicht eindeutig als Studien für den Druck gesehen werden. Viel wahrscheinlicher ist es, dass Schiele für diesen Zweck ein Motiv adaptierte, an dem er bereits gearbeitet hatte. Bemerkenswert ist, dass der Künstler als Motiv für seine erste veröffentlichte Lithographie einen frontalen Akt von sich selbst wählte.

Jane Kallir