Ohne Titel

Sam Francis

San Mateo, California 1923 - 1994 Santa Monica, California

Ohne Titel

Gouache und Acryl auf Papier

57,5 x 75,9 cm

Rückseitig signiert, datiert und bezeichnet: Sam Francis 1964 Los Angeles

Das Bild wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis der Papierarbeiten von Sam Francis mit der Archivnummer SF46-065 aufgenommen.

Ausstellungen:

Düsseldorf, Galerie Ludorff, "Sam Francis. Space & Containment", 2021

Literatur:

vgl. Ausstellungskatalog "Sam Francis", Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn 1993, Abb. S. 291
Ausstellungskatalog, "Sam Francis. Space & Containment", hrsg. von Manuel Ludorff, Rainer M. Ludorff, Galerie Ludorff, Düsseldorf 2021, Nr. 30

Zwei grundlegende Faktoren determinieren das unglaublich dichte und erstaunlich vielfältige Oeuvre des kosmopolitischen Künstlers Sam Francis, der zwischen Ateliers in Kalifornien, Paris, Tokio, New York und Bern pendelte: Farbe und Raum. „Space – color, you cannot have one without the other.“1 Sam Francis’ Lust an der Farbe ist signifkant. Er, der immer wieder als Psalmist der leuchtenden, intensiven und reinen Farbe apostrophiert wird, setzte kräftige, strahlende Kontraste in Rot, Blau und Gelb vor einen durch getropfte Farbflecken strukturierten und in Vibrationen versetzten weißen Hintergrund, der sich zu einem weiten Raum öffnet. Die Leere und Unendlichkeit des monochromen Weiß interagiert mit den lebensprühenden, energiegeladenen Farbkonglomeraten in jenen farbstarken, gestisch gestalteten Bildern, für die Sam Francis gemeinhin bekannt ist und auf dem internationalen Kunstmarkt hoch geschätzt wird: „Farbe ist für mich die wahre Substanz, der wirkliche Untergrund, den Zeichnungen und Linie nicht hergeben.“2
1957 unternahm der Künstler, der als Protagonist der jungen europäischen Avantgarde in Paris erste Erfolge gefeiert hatte und 1956 mit seiner Beteiligung an der Gruppenausstellung „Twelve Americans“ im Museum of Modern Art in New York auch in den USA populär wurde, eine erste Weltreise, die ihn unter anderem nach Japan führte. Asiatische Denkmuster, japanische Lebensart und Kultur spielten in Leben und Kunst des (hintereinander) mit zwei japanischen Künstlerinnen verheirateten Malers fortan eine entscheidende Rolle. 1964, im Entstehungsjahr unseres Bildes, war Sam Francis bereits auf der 32. Biennale von Venedig und der documenta III in Kassel vertreten. Sam Francis’ Bilder aus der Zeit nach 1957 wurden im Wesentlichen auf dem Boden gemalt. Basierend auf einer sehr konzentrierten Arbeitsweise ließ Sam Francis die Farben direkt von dem Holzstab, mit dem er sie angerührt hatte, in kreisenden und spritzenden Bewegungen scheinbar spontan auf den Bildträger tropfen. Der Künstler malte vom Rand aus, bei seinen großen Leinwänden mit an langen Stangen befestigten, von ihm als Harpunen – Reminiszenz an „Moby Dick“ – titulierten Pinseln, die er in Farbeimer tauchte. Kleckse, Spritzer, Tropfen, mit breitem Pinsel gesetzte Akzente und aus der Tube gedrückte Farbstränge verbinden sich zu kalligrafschen, mäandernden Farbrinnsalen sowie bunten, intensiv leuchtenden Farbinseln vor weißem Grund. „[Sam Francis’ Malerei] ist ein Komplex von Bewegungen, der gleichzeitig Zufall und Genauigkeit, Initiative und Reflexion einbezieht.“3
1 Aufzeichnungen von Pontus Hulten nach Gesprächen mit Sam Francis 1976 – 1992, in: Ausstellungskatalog „Sam Francis. Retrospektive“, Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn 1993, S. 55
2 Knud W. Jensen zitiert Sam Francis, in: Ausstellungskatalog „Sam Francis. The Shadow of Colors“, Kunstverein Ludwigsburg 1995, S. 8
3 Pontus Hulten, in: Ausstellungskatalog „Sam Francis. Retrospektive“, Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn 1993, S. 25