Birken mit Sonnenblumen

Artur Nikodem

Trient 1870 - 1940 Innsbruck

Birken mit Sonnenblumen

Öl auf Karton

38,2 x 40,7 cm

Links unten signiert: Nikodem
Rückseitig signiert, bezeichnet und datiert: Artur Nikodem / Innsbruck-Tirol-1921 / No 49

Provenienz:

Privatsammlung, Italien
Seit Langem im Familienbesitz, direkt vom Künstler erworben

Literatur:

vgl. Ausstellungskatalog „Artur Nikodem 1870-1940‚`... Kunst ist Schaffen aus
seiner Seele‘ “, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck und Südtiroler Kulturinstitut, Bozen 2000, Abb. Bildteil Nr. 14
vgl. Elio Krivdic und Günther Dankl (Hrsg.), Artur Nikodem. Maler und Fotograf der Moderne, Innsbruck 2017, Abb. S. 225

Als Artur Nikodem 1921 „Birken mit Sonnenblumen“ malte, war er erst vor zweieinhalb Jahren von seinem Türkei-Aufenthalt nach Innsbruck
zurückgekehrt. Im Gegensatz zu zahllosen anderen Männern seiner Generation bedeutete die Kriegszeit für ihn keine traumatische Erfahrung. Die Jahre als Telegrafenoffizier beim k. k. Truppenkommando in Istanbul von August 1916 bis Februar 1919 erlebte er vielmehr als künstlerische Offenbarung. Unter dem Eindruck der dekorativen Prinzipien orientalischer Kunst, der Farbenpracht ihrer Stoffe, Teppiche und Majoliken schob er nun alle trüben Farben beiseite, setzte die Töne unvermittelter nebeneinander, heller, satter, unbedingter, dionysischer. Nikodems erste Ausstellung nach der Rückkehr nach Innsbruck 1919 im Taxispalais, in der sich das Erlebnis Türkei „in fast tollem Farbenrausch“ entlud, wurde dementsprechend für das lokale Publikum zu einer kleinen Sensation. Der Maler rückte damit neben Egger-Lienz an die vorderste Front im Tiroler Kunstschaffen und erwirkte die vorzeitige Pensionierung von seinem Brotberuf als Postbeamter. Bei den „Birken mit Sonnenblumen“ kombinierte Nikodem auf originelle Weise zwei zentrale Motive in seinem Schaffen: die Birken mit ihren leuchtend weißen Stämmen und die Blumen mit all ihrer farbigen Ausdruckskraft. Die Farben sind, wie es der Maler nannte, aus einem „musikalischen Empfinden“ heraus auseinandergehalten, jeder Pinselstrich für sich, glänzen gleichsam wie Email, das satte Gelb der Sonnenblumen, das Grün des Zauns davor, das Weiß der Birken, dazu verschieden abgestufte Blau-, Grün- und Brauntöne, alles in raffinierter Flächenordnung verteilt, ein Fest für die Sinne, dem wir uns freudvoll hingeben – auch wenn die erotische Note, die sonst bei Nikodems Birken- und Blumenbildern zuweilen mitschwingt, hier wohl nicht gegeben ist. Vergleichbare Gemälde mit Sonnenblumen schuf der Maler
auch in den frühen 1930er Jahren, denen allerdings die Unmittelbarkeit
des vorliegenden Werkes fehlt.
Carl Kraus