Kakteen und Tulpen

Emil Nolde

Nolde 1867 - 1956 Seebüll

Kakteen und Tulpen

Aquarell auf Japanpapier

26,9 x 46 cm

Links unten signiert: Nolde

Fotoexpertise von Prof. Dr. Manfred Reuther, Nolde Stiftung Seebüll, vom 3. März 2020.
Dieses Aquarell ist in der Nolde Stiftung Seebüll unter der Nummer "Nolde A - 168/2020" verzeichnet.

Literatur:

vgl. Ausstellungkatalog "Emil Nolde. In Glut und Farbe", hrsg. von Agnes Husslein-Arco und Stephan Koja, Unteres Belvedere, Wien 2013/2014, Abb. S. 210 ff.

Denkt man an Emil Nolde, kommen einem sofort seine Blumen- und Gartenbilder in den Sinn. Es sind gerade diese farbenprächtigen Öl- und Aquarellbilder, die dem Künstler zu Bekanntheit verhalfen, und so bleiben die bunt blühenden Blumen zeitlebens zentrales Motiv in seinem Œuvre. Ausgehend von der Ostseeinsel Alsen, wo er und seine Frau Ada in einem kleinen Fischerhaus leben, beginnt Nolde 1906 – inspiriert von den schönen, umliegenden Gärten – die Fülle an verschieden Blumen und Pflanzen auf Leinwand und Papier zu bringen. Von Anfang an ist klar, die pure, reine Farbe ist das eigentliche Ausdrucksmittel seiner Kunst. So beschäftigt er sich auch mit der emotionalen Bedeutung der einzelnen Farben. Im Vergleich zu seinen früheren Werken nimmt die Farbigkeit an Stärke und Leuchtkraft zu, wodurch seine viel gelobten "Farbenstürme"1) entstehen. Im unmittelbaren Kontakt zur Natur studiert er die einzelnen Blüten und Blätter, um das ursprüngliche Wesen und die lebendige Wirkkraft der Farben einzufangen. Intuition und Spontanität sind ihm dabei stetige Begleiter.
Von 1913 bis 1914 nehmen Emil und Ada Nolde an einer Deutsch-Neuguinea-Expedition teil und lernen dabei eine völlig unbekannte, neue Blumen- und Pflanzenwelt kennen. Die Faszination für die exotische und tropische Flora lässt ihn auch nach dieser Südseereise nicht mehr los. So besucht das Ehepaar Nolde regelmäßig die botanischen Gärten in Berlin und Hamburg, deren große Kakteensammlungen wohl auch Noldes Interesse wecken.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erfreut sich der Kaktus allgemein besonderer Beliebtheit und sorgt mit seiner Form und Farbe für einen Hauch von Exotik, auch in Noldes eigenen vier Wänden, wo heimische Blumen auf Orchideen und Kakteen treffen. In seinen Aquarellen finden sich die ungewöhnlichen Kombinationen ebenfalls wieder. So zu sehen in dem vorliegenden Bild, das Tulpen neben einer blühenden Epiphyllum vor einem lila bis cremefarbig changierenden Hintergrund, der somit die leuchtenden Farben der violetten, gelben und roten Blüten aufnimmt, zeigt. Die blaugrünen Stängel der Tulpen imitieren die Blätter der Kaktuspflanze in der herabhängenden Form. Es entsteht ein besonders ansprechendes Blumenbild, das durch die ausgewogene Komposition, die strahlende Farbigkeit und die außergewöhnliche Pflanzenkombination besticht.

1) Martin Urban, Stiftung Seebüll (Hg.), Emil Nolde - Blumen und Tiere. Aquarelle und Zeichnungen, Köln 1994, S. 23