Mann mit kleinem Balkon/ Sokrates

Nachdem Josef Pillhofer seine erste signifikante künstlerische Prägung in der Klasse von Fritz Wotruba an der Akademie der bildenden Künste in Wien erhalten hatte, führte ihn ein Stipendium 1950 nach Paris. Hier bot sich dem Künstler die Möglichkeit, in Dialog mit den herausragenden Protagonisten der bildhauerischen Moderne zu treten. Als Student in Paris war Ossip Zadkine sein Lehrer. Pillhofer beeindruckte Henri Laurens, den er über mehrere Monate in seinem Atelier aufsuchen durfte. Pillhofers Rom-Stipendium 1957 eröffnete ihm die Möglichkeit, die Skulpturen im Etruskermuseum eingehend zu studieren. Die menschliche Ganzfigur und das Motiv des Kopfes determinierten die zentralen künstlerischen Aufgaben Pillhofers, konkretisiert sowohl als naturalistische Formkonglomerate mit eindrücklicher Oberflächenmodellierung als auch als rein abstrakte Formen. Josef Pillhofer verwendete stereometrische Grundformen wie Würfel und Zylinder, um kompakte, in sich geschlossene Formkonzentrate zu entwickeln. Für seine formalen Ideenfindungen waren die Oberflächenbehandlung und der sensible Umgang mit dem Material essenziell.
Josef Pillhofer war eine „Sondererscheinung in der österreichischen Kunstgeschichte“,1 dessen künstlerisches Credo sich in folgendem Künstlerzitat manifestiert:
„Modern sein heißt, das Ungewohnte zu proklamieren. Doch ein Wertkriterium ist Moderne noch nicht. Eher die zeitlosen Fakten eines Bildes, einer Skulptur, einer künstlerischen Einheit in der Zeit erreichen Qualität in der Moderne.“2
Anlässlich des zehnten Todestages im Jahre 2020 und des 100. Geburtstages im Jahr 2021 würdigte das Leopold Museum Josef Pillhofer, einen der bedeutendsten österreichischen Bildhauer und Zeichner, mit einer umfassenden Retrospektive 2021.

1 Peter Bogner, „Das Ideal der Proportion“, in: Ausstellungskatalog „Josef Pillhofer. Das Ideal der Proportion“, hrsg. von Peter Bogner, Künstlerhaus, Wien 2011, S. 8 f.
2 Josef Pillhofer, in: Ausstellungskatalog „Josef Pillhofer. Im Dialog mit Künstlern der Moderne“, hrsg. von Hans-Peter Wipplinger, Leopold Museum, Wien 2021, S. 134