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Alfred Czerny

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„Der Alfred Czerny ist stinkbegabt“ 1
und „Österreich ein Biotop für dreidimensionales Gestalten“ 2

Alfred Hrdlickas und Otto Breichas plakative Äußerungen skizzieren ein gleichermaßen anschauliches wie aussagekräftiges Bild der österreichischen Skulptur nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. 1945 wurde Fritz Wotruba aus der Schweizer Emigration als Lehrer an die Wiener Akademie der bildenden Künste berufen. In seiner Meisterklasse für Bildhauerei im Wiener Prater orientierten sich in der Folge prominente Schüler wie Wander Bertoni, Roland Goeschl, Alfred Hrdlicka, Josef Pillhofer, Andreas Urteil oder eben Alfred Czerny in erstaunlicher Variabilität an dem beeindruckenden, von der menschlichen Figur determinierten Vorbild ihres großen Lehrers.
Alfred Czerny, der Träger des Meisterschulpreises der Schule Fritz Wotruba 1957, schuf auf der „Suche nach zeitloser Schönheit“3, so sein persönliches Credo, ein virtuoses Oeuvre aus primär plastischen Arbeiten, hier vor allem viele kleinformatige Bronzen, Akt- beziehungsweise Tierzeichnungen und Landschaftsstudien. In formaler Hinsicht finden sich, ausgehend vom universellen Leitmotiv der spannungsreichen Natur, realistische Interpretationen gleichberechtigt neben abstrakten, organischen künstlerischen Manifestationen. Eine innere Dynamik und rhythmische Bewegung zeichnen die Werke des leidenschaftlichen Musikers und kompromisslosen Akteurs fernab gesellschaftlicher Zwänge und Konventionen aus. In Czernys Grafiken wird diese künstlerische Präferenz besonders deutlich: Immer wieder unterstreichen gegenständlich gebundene, an Höhenschichtlinien (Rupert Feuchtmüller), ein Netz von Breitengraden (Alfred Schmeller) oder Holzmaserungen (Dietmar Erlacher) gemahnende „räumliche Kräftebahnen“4 die fließende Bewegung der Formen.
Thematisch galt – neben der menschlichen Figur – Tieren Alfred Czernys vorrangiges künstlerisches Interesse. Die eindrucksvollen und außerordentlich sensibel beobachteten Darstellungen von Pferden nehmen dabei einen Sonderstatus ein. Schon als Kind formte Czerny Tiere aus Holz, Ton, Plastilin oder Papiermaschee. Später hatte Alfred Czerny bis zu sieben Pferde gleichzeitig in seinem Stall. Seine intime Kenntnis der Pferdeanatomie diente ihm als unverzichtbare Grundlage für Pferdeköpfe aus Stein, Zeichnungen sowie unzählige Pferde-Kleinplastiken, freihändig mit Lötkolben aus Lötzinn geformt, darunter seine berühmten fliegenden Pferde. In unnachahmlicher Eleganz schweben sie in der Luft, vergleichbar den „Tianma“, den Himmelspferden im alten China5, denen als Fabelwesen übernatürliche und mystische Kräfte zugeschrieben wurden.
Nicht nur in den mit nahezu spielerischer Verve bildnerisch gestalteten Pferden, sondern auch in Czernys anderen Tierdarstellungen, in seinen Akten, die vielfach eine schlängelnde Bewegung akzentuieren, und Torsi wurde des Künstlers selbst formuliertes Postulat, „Plastiken sind nicht lebendig, sie können aber das Lebendige mitteilen“6, kongenial umgesetzt.

Andrea Schuster

1 Geiserich E. Tichy (Hg.), Alfred Czerny. Auf der Suche nach zeitloser Schönheit, Wien 2004, S. 14
2 Otto Breicha: Vorwort zum Ausstellungskatalog „Figur als Aufgabe“, zitiert nach: Geiserich E. Tichy (Hg.), Alfred Czerny.
Auf der Suche nach zeitloser Schönheit, Wien 2004,S. 17
3 Geiserich E. Tichy (Hg.), Alfred Czerny. Auf der Suche nach zeitloser Schönheit, Wien 2004, S. 6
4 Rupert Feuchtmüller: Die Gewalt des Lebendigen in der Plastik, in: Geiserich E. Tichy (Hg.), Alfred Czerny. Auf der Suche nach zeitloser Schönheit, Wien 2004, S. 9f., hier: S. 9
5 vgl. Sven Weidlinger, in: Ausstellungskatalog „Österreichische Bildhauer gelernt bei Wotruba“, Burg Lockenhaus, Burgenland 1986, S. 138
6 Geiserich E. Tichy (Hg.), Alfred Czerny. Auf der Suche nach zeitloser Schönheit, Wien 2004, S. 1