Seltener Toilettetisch

Otto Wagner

Wien 1841 - 1918 Wien

Seltener Toilettetisch

Denkmalgeschütztes Unikat für das Badezimmer in Otto Wagners Wohnung Köstlergasse 3, Wien VI

Metall, vernickelt, Marmor, Weichholz, weiß gefasst, violetter Dekor, partiell furniert, vernickelte Ladengriffe

H 76 cm, B 102 cm, T 63 cm

steht unter Denkmalschutz

Ausstellungen:

Wien, Stand des k. & k. Hoftapezierers Schenzel auf der Jubiläumsausstellung 1898 zum 50. Regierungsjubiläum von Kaiser Franz Joseph I.

Literatur:

Zeitschrift „Dekorative Kunst. Illustrierte Zeitschrift für angewandte Kunst“, 1898, Abb. S. 266, Foto: Jubiläumsausstellung, Wien 1898, Stand von k. u. k. Hoftapezierer Schenzel, „Badezimmer“
Zeitschrift „Ver Sacrum“, 1900, Heft 19, Abb. S. 297, Foto: Badezimmer, Wohnung Köstlergasse 3, Wien VI.

Bei dem Toilettetisch dürfte es sich um das einzige bisher bekannte, noch erhaltene Möbel der Badezimmereinrichtung, entworfen von Otto Wagner, handeln, die bei der Jubiläumsausstellung in der Rotunde im Wiener Prater 1898 von „k.u.k. Hof-Tapezierer Schenzel & Sohn“ gezeigt wurde. Vor dem Hintergrund seiner Entstehungszeit 1898 war der Toilettetisch ein spektakuläres Möbel und Teil einer außergewöhnlichen Einrichtungskonzeption. Wagner orientierte sich beim Entwurf seiner Toilettetische an Formen aus der aristokratischen Lebenswelt. Die übliche, vollständige Ummantelung mit Textilien reduzierte er und führte damit die bisher verdeckte metallene Fußkonstruktion deutlich vor Augen. Der Tisch ist eine Anspielung auf die in England so beliebten japan-inspirierten Bambusmöbel.1
Gleichzeitig wurde in der Fußkonstruktion aus Metallrohren der von Wagner so stark geforderten Funktionalität Rechnung getragen. Der Toilettetisch war in seiner neuen Gestaltungsweise Beleg des neuen Gesundheitsstandards der begüterten Bevölkerung des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Dies lässt sich am Korpus des Toilettetisches gut nachvollziehen, wo Wagner glatte, lackierte, leicht zu reinigende Holzoberflächen einsetzte. Auch die typische Verwendung von Marmor als Abstellfläche für Möbel, die mit Feuchtigkeit in Berührung kommen, griff er auf.2 In Summe muss festgehalten werden, dass dem Möbel aufgrund seines Stellenwerts für den Architekten persönlich sowie in seinem Schaffen und hinsichtlich seiner Theorien in Bezug auf Kunst, Hygiene und Wohnen große künstlerische wie architekturtheoretische Bedeutung zukommt. Als letztes derzeit bekanntes erhaltenes Möbel des Badezimmers, das darüber hinaus auch für die Öffentlichkeit konzipiert wurde, hat es eine außerordentlich große Relevanz innerhalb des Werks des Architekten, der es immer wieder in Fachzeitschriften und seinen eigenen Publikationen veröffentlichte und als Prototyp für spätere Möbel heranzog.3
1 Otto Wagner, Tagebuch 1915-1918, zit. nach: Andreas Nierhaus, Meine angebetete
Louise! Otto Wagner. Das Tagebuch des Architekten 1915-1918, hrsg. von Alfred
Pfoser, Salzburg/Wien 2019, S. 25
2 vgl.: Alfred Angerer, Hygieia verführte Otto Wagner. Beispiele einer hygienisch
motivierten Moderne. (MA Technische Universität Graz), Graz 2015, S. 68 f.,
Abb. Nr. 25
3 Daniel Resch in: Der Toilettetisch Otto Wagners aus seinem „Absteigquartier“ –
Ein Prototyp modernen Möbeldesgin, in: ÖZKD (LXXVI, Heft 1), Wien 2022